23. Spieltag: TSV 1860 München - SC Verl

Wer? TSV 1860 München – SC Verl
Wo? Stadion an der Grünwalder Straße
Wann? Sonntag, 19.02.2023, 13:00 Uhr

Nach zwei Auswärtsspielen im fernen Niedersachsen steht endlich wieder ein Heimspiel auf Giesings Höhen an. Die Vorfreude dürfte sich aber bei vielen Löwenfans in Grenzen halten. Schließlich steckt der Verein in der größten Krise seit mindestens Herbst 2019, als uns Daniel Bierofka verlassen hat, oder vielleicht sogar seit Mai 2017, der berühmt berüchtigten „4“. Gut möglich, dass sich die Lage noch weiter zuspitzt. Am Donnerstag tagt der Aufsichtsrat – es wird gemunkelt, dass die Zukunft von Geschäftsführer Sport und Interimstrainer Günther Gorenzel auf dem Spiel steht. Sollte uns der Steirer verlassen müssen, droht meiner Meinung nach das reine Chaos. Gorenzel ist mit seiner ganzen Erfahrung und seiner ruhigen analytischen Art meiner Meinung nach derzeit wichtiger denn je. Allerdings ist zu befürchten, dass seine Personale zum Politikum wird. Der Investorenseite ist Gorenzel schon länger ein Dorn im Auge – und der e.V. könnte nun dem Druck nachgeben.

Aber zurück zum Sportlichen: Und da ist leider seit Monaten der Wurm drin. In den letzten neun Partien konnten wir nur magere fünf Punkte einfahren. Vor gut zwei Wochen folgte endlich die meiner Meinung nach überfällige Entlassung von Trainer Michael Köllner. Doch die Entlassung allein konnte wenig überraschend nicht alle Probleme lösen. Zu sehr ist in der Mannschaft der Wurm drin. Zu sehr ist das Selbstvertrauen der Spieler angeknackst. Zu sehr macht sich das fehlende spielerisches Konzept bemerkbar. Zu anfällig ist unsere Defensive. Zu lang ließe sich diese Liste weiter fortführen…

Und dennoch fand ich, dass unter Interimstrainer Günther Gorenzel in den letzten beiden Spielen einige positive Ansätze zu erkennen waren. Auch wenn die Spieler teilweise extrem verunsichert sind und einfachste Dinge nicht funktionieren wollten, haben wir uns insgesamt gar nicht so schlecht verkauft. Doch zur Zeit kommt leider alles zusammen. Gegen Oldenburg musste Manni Starke sein „Once-In-A-Lifetime“-Tor ausgerechnet gegen uns gelingen. Und gegen Meppen haben sowohl das Aluminium als auch die Schiedsrichter-Entscheidungen nicht gerade die Löwen bevorzugt. Getreu Jürgen Wegmann galt: „Wenn man schon kein Glück hat, kommt auch noch Pech dazu“. In einer Situation, in der die Mannschaft ohnehin schon komplett verunsichert ist und es im Verein drunter und drüber geht, ist es natürlich doppelt bitter, wenn auch noch Glückgöttin Fortuna einen Hass auf dich hat.

Nun zum Gegner: Der SC Verl ist denkbar schlecht in die Saison gestartet. Aus den ersten fünf Spieltagen gab es nur einen einzigen Punkt. Erst am neunten Spieltag gelang der zweite Saisonsieg. Doch seitdem läuft es bei den Ostwestfalen. In einer Tabelle seit dem sechsten Spieltag ist Verl solider Siebter, betrachtet man den Zeitraum seit Spieltag neun steht der SCV sogar auf Platz fünf. Der Hauptgrund für den Verler Spätstart ist sicherlich der große Personalumbruch im Sommer. Insgesamt verließen den SCV sage und schreibe 20 Spieler. Bei den Neuzugängen setzte man zuerst vor allem auf Wundertüten aus den unteren Ligen. Und wie es bei Wundertüten so ist, waren da auch einige unerfüllte Versprechen dabei. Dementsprechend hat man zum Ende der Transferperiode und auch noch mal in der Winterpause nachgerüstet und den ein oder anderen drittligaerprobten Spieler an Land gezogen. Insgesamt bleibt sich Verl aber treu: Es werden fast ausschließlich junge, entwicklungsfähige Talente verpflichtet, die in Ostwestfalen ihren nächsten Schritt gehen sollen. Und das scheint auch in dieser Saison wieder gut zu klappen. Trainer Mitch Kniat hat aus dem neu zusammengestellten Kader längst wieder eine absolut schlagkräftige Mannschaft geformt. Generell habe ich eine sehr hohe Meinung vom Verler Trainer. Ich bin mir sicher, dass Kniat in absehbarer Zeit in der zweiten Liga landen wird. Zum Einen lässt er einen sehr ansehnlichen Fußball spielen, wobei er trotz aller Präferenz für den schönen Kombinationsfußball trotzdem stets einen gewissen Pragmatismus im Auge behält. Und zum Anderen ist er ein richtiger Menschenfänger, der die Spieler m.E. sehr gut erreicht.

Die Verler Mannschaft verfügt über einige technisch sehr versierte Kickers. Hier sind unter anderem Winterneuzugang Oliver Batista Meier, Nicolas Sessa, Yari Otto, Nikos Zografakis und Joscha Wosz zu nennen. Das Prunkstück ist aber definitiv die Mittelfeldzentrale mit Mael Corboz, Vinko Sapina und Tom Baack. Dieses Trio gehört zu den besten in der 3. Liga. Mit Winterneuzugang Patrick Kammerbauer (Ex-Freiburger, Ex-Braunschweiger und Ex-Clubberer) steht mittlerweile auch ein vierter Top-Spieler zur Verfügung.

Verl ist ordentlich ins neue Jahr gekommen. Gegen Freiburg II, Essen und Mannheim gab es jeweils ein 1:1, was angesichts der Qualitäten der Gegner absolut in Ordnung war. Gegen den 1.FC Saarbrücken konnte Verl sogar mit 2:0 gewinnen. Letztes Wochenende gab es dann aber leider die erste Niederlage in 2023. Gegen die formstarken Dresdner musste sich die Kniat-Truppe mit 2:3 geschlagen geben, Hier geht’s zur Sportschau-Zusammenfassung. Insgesamt war das eine offene, wilde Partie, die auch anders hätte ausgehen können (so hat Verl beim Stand von 2:2 den Pfosten getroffen), wobei der Sieg für Dynamo insgesamt schon in Ordnung geht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass da wahrlich kein leichter Gegner auf uns wartet. Verl ist eine der besseren Mannschaften in der 3. Liga und weiß mit dem Ball umzugehen. Gerade in der Offensive gibt es einige technisch beschlagene Spieler, die unserer gepeinigten Defensive ganz schön zu schaffen machen könnten. Um gegen den SC Verl zu bestehen, muss aus Löwensicht eine Leistungssteigerung her.

Auch wenn die Gesamtsituation bei unseren Löwen gerade wenig Grund zur Freude gibt, freue ich mich auf das kommende Spiel. Die Duelle zwischen Sechzig und Verl waren oft sehr sehenswert. Zwar nicht unbedingt das Hinspiel (nach einem langen taktischen Abtasten zogen wir in der Schlussphase die Zügel an und konnten dank des Jokertores von Meris Skenderovic mit 1:0 gewinnen), aber umso mehr die beiden letzten Heimspiele. Im April 2021 gab es ein spektakuläres 3:2. Im März 2022 ein 2:0. Insgesamt sind wir gegen Verl noch ungeschlagen. In der Liga gab es bisher drei Siege und zwei Remis. Im Pokal kommen zwei weitere Siege dazu. Hoffen wir, dass wir die positive Bilanz am Sonntag weiter ausbauen können. Es wäre so wichtig für die geschundene Löwen-Seele.

Den Gästen aus Verl wünsche ich eine gute Anreise und generell eine schöne Zeit in München Giesing (allerdings nach Möglichkeit nicht während des Spiels).
This contribution was last edited by Jojo1860 on Feb 13, 2023 at 3:17 PM hours